Verlustschein, und nun? Ein Leitfaden für Gläubiger

Einführung

Im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (SchKG) spielen Verlustscheine eine wesentliche Rolle und stellen oft das vorläufige Ende eines Betreibungsverfahrens dar. Sie dokumentieren den unbezahlten Restbetrag einer Forderung nach erfolgloser Betreibung oder Konkurs eines Schuldners. In diesem Blog werden die verschiedenen Arten von Verlustscheinen nach SchKG erläutert und die Handlungsmöglichkeiten für Gläubiger beschrieben.

Arten von Verlustscheinen

Es gibt hauptsächlich zwei Arten von Verlustscheinen: den Pfändungsverlustschein und den Konkursverlustschein – je nachdem, ob die Betreibung auf Pfändung oder Konkurs gelaufen ist. Es gibt zudem noch besondere Formen wie den provisorischen Verlustschein und den Pfandausfallschein.

Pfändungsverlustschein

Ein Pfändungsverlustschein wird ausgestellt, wenn eine Betreibung auf Pfändung durchgeführt wurde und nach der Verwertung des gepfändeten Vermögens des Schuldners noch ein unbezahlter Betrag verbleibt. Das heisst, dass die offenen Forderungen nicht komplett mit dem Erlös der Verwertung abgedeckt werden konnten. Der Verlustschein gilt als Schuldanerkennung und stellt einen provisorischen Rechtsöffnungstitel dar, was die Beseitigung eines allfälligen Rechtsvorschlags des Schuldners erleichtert.

Konkursverlustschein

Wenn die Betreibung aus dem Konkursweg gelaufen ist und die Konkursmasse nicht ausreicht, um alle Forderungen zu begleichen, erhält der Gläubiger einen Konkursverlustschein. Der Konkursverlustschein hat grundsätzlich die gleiche Wirkung wie der Pfändungsverlustschein. Er verjährt ebenfalls nach 20 Jahren und stellt einen provisorischen Rechtsöffnungstitel dar.

Rechte und Möglichkeiten des Gläubigers

Ein Verlustschein ist mehr als nur ein Nachweis über eine unbezahlte Forderung, er ist eine Schuldanerkennung und gewährt dem Gläubiger mehrere Rechte und Handlungsmöglichkeiten:

1. Verjährung:

Verlustscheine verjähren grundsätzlich nach 20 Jahren ab Ausstellung (Art. 149a SchKG), wenn die Verjährungsfrist nicht unterbrochen wird. Innerhalb dieser Frist kann der Gläubiger verschiedene Schritte unternehmen, um seine Forderung durchzusetzen.

 2. Neue Betreibung:

Der Verlustschein aus Pfändung berechtigt den Gläubiger, ohne weitere Schuldanerkennung des Schuldners, eine neue Betreibung auf Pfändung oder Konkurs einzuleiten (Art. 149 SchKG). Innerhalb eines Jahres ab der Ausstellung ist der Gläubiger berechtigt, die Betreibung fortzusetzen, ohne die Einleitungsverfahren erneut durchführen zu müssen, praktisch direkt beim Fortsetzungsbegehren. Der Schuldner hat daher auch keine Möglichkeit, Rechtsvorschlag zu erheben. Nach dem ersten Jahr hat der Gläubiger weiterhin das Recht, den Schuldner zu betreiben.

Der Verlustschein aus Konkurs gewährt das Recht auf eine neue Betreibung, allerdings erst, wenn der Schuldner zu neuem Vermögen gelangt ist (Art. 265 SchKG).

 3. Pfändung von Einkommen:

Falls der Schuldner wieder zahlungsfähig wird oder Einkommen erzielt, kann der Gläubiger eine Pfändung des Einkommens beantragen (Art. 93 SchKG).

 4. Forderungsabtretung und -verkauf:  

Der Gläubiger kann den Verlustschein an Dritte abtreten oder verkaufen. Diese Dritten treten dann in die Rechte und Pflichten des ursprünglichen Gläubigers ein.

 5. Nachträgliche Dividenden:

 Falls im Konkursverfahren nachträglich noch Vermögenswerte entdeckt werden, erhalten Gläubiger mit einem Verlustschein eine anteilige Nachzahlung.

 6. Eintragung in das Betreibungsregister:

  - Verlustscheine werden in das Betreibungsregister eingetragen, was die Bonität des Schuldners beeinflusst und ihn zur Begleichung der Forderung bewegen kann.

 Strategien für Gläubiger mit einem Verlustschein

 Als Gläubiger mit einem Verlustschein gibt es mehrere strategische Überlegungen:

 1. Überwachung der Finanzsituation des Schuldners:  

Regelmässige Überprüfung, ob der Schuldner zu neuem Vermögen gelangt ist, um gegebenenfalls eine neue Betreibung einzuleiten.

 2. Verjährungsfristen beachten:

Die 20-jährige Verjährungsfrist sollte im Auge behalten werden, um rechtzeitig handeln zu können.

 3. Forderung aktiv verfolgen:

Regelmässige Erinnerung an den Schuldner und gegebenenfalls Verhandlungen über Teilzahlungen oder Vergleiche.

 4. Rechtliche Beratung einholen:

In komplexen Fällen oder bei hohen Forderungen kann es sinnvoll sein, rechtlichen Rat einzuholen, um die bestmögliche Strategie zu entwickeln.

 Fazit

Ein Verlustschein ist ein wichtiges Instrument im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht, das dem Gläubiger diverse Rechte und Möglichkeiten zur Durchsetzung seiner Forderung bietet. Es ist entscheidend, die verschiedenen Varianten und die damit verbundenen Rechte zu kennen, um effektiv und rechtzeitig agieren zu können. Mit der richtigen Strategie kann der Verlustschein ein wertvolles Werkzeug sein, um letztendlich doch noch an sein Geld zu kommen.

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