Sind Essenslieferungen Postsendungen? Eine Urteilsanalyse

Die Eidgenössische Postkommission PostCom hatte Uber Portier B.V. und eat.ch GmbH unterstellt, dass sie Express- und Kuriersendungen anbieten und daher meldepflichtig wären, weil diese Dienstleistungen unter das Postgesetz fallen. Beide Unternehmen waren andere Meinung und haben deswegen eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer) eingereicht.

Die Unterstellung unter die Meldepflicht hätte zur Folge, dass Uber eats und eat.ch die branchenüblichen Arbeitsbedingungen einhalten und sogar einen GAV mit den Personalverbänden aushandeln müssten. Und darauf, wie zu erwarten war, würden beide Unternehmen gerne verzichtet.

Anfang Januar sind die Urteile eröffnet worden und das Bundesverwaltungsgericht hat die Beschwerde der beiden Unternehmen gutgeheissen.

Das Gericht hat argumentiert, dass Essenslieferungen nicht als Postsendung zu qualifizieren seien, sondern eher als Transport von Waren- und Stückgut.

Zudem müssen die Begriffe der Express- und Kurierlieferungen nach Postgesetz eng ausgelegt werden, da diese Gesetzgebung nicht als Ziel hat, beliebige Wirtschaftsbereiche im Sinne einer umfassenden Marktordnung zu regeln.

Ein weiteres Argument ist, dass Dienstleister wie Uber Eats oder eat.ch nicht mit den Diensten der Post konkurrieren und daher nicht das Gebot der gleichen Spiesse verletzen würde.

Ferner ist das Bundesverwaltungsgericht weitgehend einem Gutachten von Uber Eats gefolgt, welches besagt, dass schon der Begriff «Post» per se eher eng ausgelegt werden sollte. Könnten Sie sich vorstellen, dass Ihnen der Pizzabote sagt, Sie hätten Post? Das würde nicht passen.

Was auch eher unpassend und nicht im Sinne des Gesetzes wäre, ist, dass wenn wirklich das Postgesetz gelten würde, dann auch das Postgeheimnis gelten würde. Konkret würde das heissen, dass so wie bei Postsendungen, die nicht von Fremden geöffnet und gelesen werden dürfen, auch keine andere Person erfahren dürfte, welche Pizza sich in der Transportbox der Pizzalieferanten befindet. Wie die NZZ geschrieben hat: «Das Postgeheimnis ist kein Pizzageheimnis».  

Abschliessend wäre noch zu sagen, dass die Unterstellung ein internationales Novum wäre. Kein weiteres Land – insbesondere in der EU – kennt eine solche rechtliche Praxis, dass die Essenslieferanten dem Postgesetz unterstehen.

Zum Schluss soll zudem  erwähnt werden, dass Postcom noch das Recht hat, das Urteil am Bundesgericht anzufechten.

Für Uber Eats, eat.ch sowie für alle Essenslieferanten ist dieses Urteil eine Erleichterung. Die Unterstellung hätte weitgehenden Folgen: sowohl rechtlich wegen der arbeitsrechtlichen Anforderungen als auch finanziell, insbesondere wegen der Löhne, Kosten und Aufwände.

Meine Meinung zu diesem Urteil ist Folgende:

Ich begrüsse, dass das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, dass solche Lieferungen nicht dem Postgesetz unterstellt sind. Es wäre regulatorisch einfach zu viel und nicht sinngemäss.

Es ist aber auch klar, dass die freie Marktwirtschaft nicht auf Kosten von unterbezahlten Arbeitskräften wachsen darf. Essenslieferanten sollen auf jeden Fall faire Bezahlungen und Arbeitskonditionen erhalten – entweder auf dem arbeitsrechtlichen Weg oder durch einen fairen vertikalen Wettbewerb.

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Links zu den Urteilen: 

Urteil A-4721/2021

Urteil A-4350/2022